Zustandsgrössen

Eine Zustandsgrösse ist eine makroskopische physikalische Grösse, die - zusammen mit anderen Zustandsgrössen - den Zustand eines thermodynamischen Systems beschreibt. Ihre Werte beschreiben den aktuellen Zustand eines Systems und sind unabhängig davon, auf welchem Weg es zu diesem Zustand gekommen ist. Bleiben alle Zustandsgrössen eines Systems zeitlich konstant, befindet sich das System im thermodynamischen Gleichgewicht oder in einem stationären Fliessgleichgewicht. Zustandsgrössen können durch Zustandsgleichungen miteinander in Beziehung gesetzt werden. Die Unterscheidung zwischen Zustands- und Prozessgrössen hilft, Systeme zu analysieren, Modelle zu erstellen und Prozesse zu optimieren

Wenn ein Ingenieur den Druck (Zustandsgrösse) diskutiert, ist dies eindeutig ein statisches Merkmal. Wenn hingegen der Massendurchfluss (Prozessgrösse) diskutiert wird, ist dies dynamisch und beschreibt eine Veränderung.
Wärme und Arbeit sind keine Zustandsgrössen, sondern Prozessgrössen. Wärme und Arbeit beschreiben den Verlauf einer Zustandsänderung. Prozessgrössen sind oft integrale Grössen, die über den Verlauf eines Prozesses berechnet werden, z.B. Arbeit als pV 

Zustandsgrössen, Prozessgrössen

Man kann Zustandsgrössen und Prozessgrössen mit einem Bankkonto vergleichen:
Zustandsgrössen sind wie der Kontostand. Er gibt den aktuellen Zustand an, unabhängig davon, wie viel eingezahlt oder abgehoben wurde. Prozessgrössen sind wie die Einzahlungen und Abhebungen. Sie zeigen, wie sich der Kontostand durch die Vorgänge verändert hat und sind von der Abfolge der Transaktionen abhängig.

Zustandsgrössen helfen, den Zustand eines Systems zu bestimmen. Eine Zustandsgrösse ist wie die Höhe eines Berges. Die Zustandsgrösse informiert, wie hoch du bist, unabhängig davon, welchen Weg du genommen hast, um dorthin zu gelangen.

Prozessgrössen beschreiben Vorgänge, bei dem sich das System verändert. Eine Prozessgrösse ist wie die zurückgelegte Strecke auf einer Wanderung – sie hängt davon ab, welchen Weg du genommen hast, und beschreibt den Aufwand oder die Energie, die während des Prozesses aufgebracht wurde. Für Prozessgrössen muss der genaue Prozessverlauf bekannt sein (z. B. isotherm, isobar, adiabatisch).

Beispiel : Erhitzen von Wasser in einem offenen Topf.
- Temperatur (Zustandsgrösse): Wenn das Wasser am Anfang 20 °C hat und am Ende 80 °C, dann beschreibt die Temperatur den Zustand des Wassers. Es ist egal, ob das Wasser schnell oder langsam erhitzt wurde – der Endzustand ist nur von der Temperatur 80 °C abhängig.
- Druck und Volumen (Zustandsgrössen): Wenn wir annehmen, dass das Wasser in einem offenen Topf auf Meereshöhe erhitzt wird, bleiben Druck und Volumen konstant oder ändern sich entsprechend der Umstände.
- Wärme (Prozessgrösse): Um das Wasser von 20 °C auf 80 °C zu bringen, muss Wärme zugeführt werden. Die zugeführte Wärmemenge ist eine Prozessgrösse, weil sie davon abhängt, wie lange und wie stark die Herdplatte eingeschaltet ist.
- Arbeit (Prozessgrösse): In diesem einfachen Beispiel wird keine mechanische Arbeit am Wasser verrichtet (z. B. durch Kompression). In anderen Prozessen könnte Arbeit aber eine wichtige Rolle spielen.

Zustands- und Prozessgrössen in einem Membransystem

Zustandsgrössen beschreiben den momentanen Zustand des Membransystems und sind unabhängig vom Prozessverlauf:

  • Transmembrandruck (TMP):
    Der Druckunterschied zwischen der Feed-Seite und der Permeat-Seite der Membran. Zustandsgrösse, weil er zu jedem Zeitpunkt den Zustand des Systems beschreibt.
  • Konzentration der gelösten Stoffe:
    Z. B. die Konzentration von Salzen oder Makromolekülen im Feed, Permeat oder Retentat. Eine direkte Eigenschaft des Systems.
  • Temperatur des Systems:
    Die Temperatur des Feedstroms, Retentats oder Permeats.
  • Membranfläche und Porengrösse:
    Die physikalischen Eigenschaften der Membran (statisch und konstant, solange keine mechanischen oder chemischen Veränderungen auftreten).
  • Volumen des Feed- oder Permeatbehälters:
    Der aktuelle Füllstand eines Behälters.
  • Hydraulische Widerstandsfaktoren:
    Z. B. der Fouling-Zustand der Membran (beschreibt den Zustand der Membranverschmutzung).

    Prozessgrössen in einem Ultrafiltrationssystem. Prozessgrössen beschreiben Vorgänge, die während des Betriebs stattfinden, und hängen vom Ablauf ab:

  • Flux
    Der Flux wird als Prozessgrösse betrachtet, da er vom Verlauf des Prozesses und den Betriebsbedingungen abhängt. Der Flux ändert sich während des Betriebs, z. B. durch Fouling, Konzentrationspolarisation oder veränderte Druckverhältnisse. Er ist also nicht allein durch den Anfangs- und Endzustand des Systems definiert, sondern durch die Dynamik des Prozesses.
  • Durchflussrate Q:
    Die Menge an Flüssigkeit, die durch die Membran fliesst (Feed, Permeat, Retentat). Zeitabhängig, da sie durch Pumpeneinstellungen und Prozessdauer beeinflusst wird.
  • Wärmeübertragung Q:
    Die Menge an Wärme, die in das System eingebracht oder daraus entfernt wird (z. B. durch Kühlung oder Erwärmung des Feedstroms).
  • Arbeit W
    Die mechanische Energie, die durch Pumpen auf das System übertragen wird, um die Druckdifferenz aufrechtzuerhalten.
  • Rückhalt:
    Die Menge an gelösten Stoffen, die durch die Membran zurückgehalten wird (in Bezug auf den Feed-Strom). Abhängig von den Prozessbedingungen wie Druck, Temperatur und Konzentration.
  • Druckverlust:
    Der Druckabfall entlang der Feed-Seite der Membran, der durch Strömungswiderstand entsteht.